Luxemburg, 13.12.2018 – Der Deutsche Rundfunkbeitrag ist nach einem am Donnerstag ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) rechtmäßig. Der Beitrag stelle keine unerlaubte staatliche Beihilfe dar und verstoße daher nicht gegen EU-Recht (Aktenzeichen C-492/17).

Die Ersetzung der früheren Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag im Jahre 2013 stelle „keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland dar“, stellten die Luxemburger Richter fest. Damit sei eine frühere Erlaubnis durch die EU-Kommission weiterhin gültig.

Der Rundfunkbeitrag – früher „die GEZ-Gebühr“ – ist die wichtigste Einnahmequelle für ARD, ZDF und das Deutschlandradio. Im Jahr 2017 kamen hierbei knapp 8.000.000.000 Euro zusammen. Seit dem Jahr 2013 wird der Rundfunkbeitrag pauschal für jede Wohnung erhoben, wobei es gleichgültig ist, wie viele Personen dort leben und ob sie überhaupt einen Fernseher oder ein Radio besitzen. Der aktuelle Beitragssatz beläuft sich auf Euro 17,50 pro Haushalt im Monat.

Im Jahr 2007 hatte die EU-Kommission die damalige Rundfunkgebühr bereits unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten unerlaubten Beihilfe geprüft und weitgehend nicht beanstandet.

Fraglich war aber nunmehr, ob die im Jahr 2013 erfolgte Umstellung so bedeutend war, dass die neue Regelung bei der Kommission hätte angemeldet werden müssen und ggf. als unvereinbar mit EU-Recht beurteilt worden wäre. Dies verneinte der EuGH mit seiner Entscheidung. Gegenstand dieses Verfahrens war auch die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Beiträgen durch die öffentlich-rechtlichen Sender selbst statt durch Gerichte. Dazu stellte der EuGH fest, dass das EU-Beihilferecht solche besonderen Befugnisse nicht verbiete.

Vorgelegt worden waren dem EuGH die Fragen zur Vereinbarkeit von Rundfunkbeitrag mit dem EU-Recht vom Landgericht Tübingen. Hintergrund waren Klagen mehrerer Beitragszahler vor deutschen Gerichten gegen das 2013 geänderte Einzugssystem. Das Landgericht Tübingen vertrat die Ansicht, dass die neue Regelung eine wesentliche Umgestaltung des Einzugssystems darstelle und der EU-Kommission daher zur Prüfung hätte mitgeteilt werden müssen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Beitragsaufkommen seitdem deutlich zugenommen habe.

Gegen die Zahlung des Rundfunkbeitrags gibt es in Deutschland seit Jahrzehnten heftigen Widerstand. Durch den Beitrag soll sichergestellt werden, dass die öffentlich-rechtlichen Sender nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig werden. Kritiker der Regelung lehnen diese jedoch aus verschiedenen Gründen ab. In erster Linie fühlen sich diese durch Zahlungspflichten zu sehr geschröpft. Schon das Bundesverfassungsgericht hatte den Rundfunkbeitrag im Juli diesen Jahres nicht grundsätzlich beanstandet und das Beitragsmodell für verfassungsgemäß erklärt. Menschen mit zwei oder mehr Wohnungen dürfen diesem Urteil zufolge künftig jedoch nur einmal zur Kasse gebeten werden.

Bereits ein von der EU eingesetzter Gutachter hat im September diesen Jahres den Standpunkt vertreten, die Erhebung des Rundfunkbeitrags sei rechtens. Diese Einschätzung ist für die EuGH- Richter zwar nicht bindend, häufig folgen sie dieser aber dennoch.

Robert M. Gillmann

Rechtsanwalt, Associate attorney

 

Mit dem im Jahr 2012 in Kraft getretenen ESUG-Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung von notleidenden Unternehmen verbessert und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass das Insolvenzverfahren stärker als bisher auch als „Chance zur Sanierung“ verstanden und genutzt wird.

In einer kürzlich stattgefundenen Kabinettssitzung der Bundesregierung stand die ESUG-Evaluation auf der Tagesordnung. Der Gesetzgeber hatte der Bundesregierung aufgetragen, das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten zu evaluieren. Zur Durchführung einer rechtstatsächlichen und rechtswissenschaftlichen Untersuchung zur Wirkungsweise des ESUG wurde eine Forschergemeinschaft eingesetzt, die nunmehr ihren Bericht vorgelegt hat.

Die durch das ESUG eingeführten Änderungen wurden nach Maßgabe des Berichts in den vergangenen fünf Jahren von der Praxis weitgehend positiv angenommen, eine Rückkehr zum früheren Recht sei nicht veranlasst. Die statistische Analyse zeige, dass die mit dem ESUG neu geschaffenen Verfahrensmöglichkeiten im Auswertungszeitraum in ihrer Breite und in unterschiedlichen Kombinationen genutzt worden sind. Auch die Befragung der Expertinnen und Experten weist überwiegend positive Erfahrungen mit der Reform aus. Bei den im Evaluationsbericht vorgeschlagenen Formen handelt es sich um Korrekturen in – wenn auch teils nicht unbedeutenden – Einzelfragen, ohne dass hierdurch die grundsätzliche Ausrichtung des ESUG infrage gestellt würde.

Die Bundesregierung plant, die Ergebnisse des Evaluationsberichtes im engen Austausch mit den betroffenen Kreisen eingehend zu prüfen. Die Ergebnisse sollen auch bei der Umsetzung der Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die demnächst verabschiedet werden soll, berücksichtigt werden. Ein zwingendes Bedürfnis für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren wird von den Experten überwiegend verneint. Ein solches durch den EU-rechtlichen Restrukturierungsrahmen einzuführendes Sanierungsverfahren bietet sich eigentlich nur als „weitere Option“ neben den schon bestehenden insolvenzrechtlichen Verfahrensarten an.

Robert M. Gillmann

Rechtsanwalt, Associate attorney

Die Unternehmensgruppe Kappus hat einen Insolvenzantrag unter Anordnung der Eigenverwaltung gestellt. Ziel ist die nachhaltige Sanierung und der Erhalt von Arbeitsplätzen.

Die Unternehmensgruppe hat ihren Sitz in Offenbach und weitere drei Werke in Riesa, Krefeld und Heitersheim. Die Geschäftsleitung des Unternehmens beabsichtigt, die Standorte mit insgesamt etwa 350 Arbeitsplätzen zu erhalten.

Durch das zuständige Amtsgericht wurde bereits die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet, sodass laut Angaben der Verantwortlichen des Unternehmens sowie deren insolvenzrechtlichen Beratern das Sanierungsvorhaben weiter erfolgreich gestaltet werden kann.

Die Seifenproduktion ist seit über 100 Jahren eines der Markenzeichen der Industriestadt Riesa. Die Firma Kappus ist einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region. Sowohl die Vertreter der Stadt als auch die Wirtschaftsförderung Region Meißen GmbH (WRM) haben angekündigt, Gespräche mit der Geschäftsleitung der Unternehmensgruppe zu führen und das Unternehmen in seiner derzeit schwierigen Phase mit allen Kräften zu unterstützen.

Die Gründe für die Schieflage der Kappus-Gruppe sind mannigfaltig.

Insgesamt sei in Westeuropa mit Seife wenig Geld zu verdienen. Die Preise für ein Stück Seife seien so hoch wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Preisdruck in der Branche ist enorm. Die großen Hersteller wie Henkel und Unilever haben sich aus der Produktion zurückgezogen. Neben der Kappus-Gruppe gibt es noch zwei kleinere Hersteller. Die großen Discounter und Drogeriefilialisten führen einen rigiden Preiskampf. Es besteht die Gefahr, dass die Konkurrenz durch Länder wie Polen, die Türkei und Griechenland die deutsche Seifenproduktion zum Erliegen bringe.

Eine weitere Herausforderung sind Auflagen des Regierungspräsidiums Freiburg. Diese seien immer wieder aufgeschoben worden. Jetzt müsse man einen hohen sechsstelligen Betrag investieren, um Umweltschutzauflagen einzuhalten. Zudem soll es eine Umstellung in der Siederei geben; hier seien Genehmigungsverfahren kompliziert.

Es sind aber nicht nur diese Faktoren, die der Familie Kappus den rentablen Betrieb ihres Unternehmens in den vergangenen Jahren erschwert haben.

Hinzu kamen Schwierigkeiten, als die Offenbacher Fabrik aus der Innenstadt in ein Gewerbegebiet verlagert wurde. Die Widerstände durch Auflagen und bürokratische Hürden veranlassten den ebenfalls in der Geschäftsleitung tätigen Ehemann der Kappus-Tochter, Alexander Becker, 2016 zu dem ernüchternden Resümee, dass man in Deutschland nicht versuchen sollte, eine Fabrik zu verlegen.

Das selbstverwaltete Insolvenzverfahren bedeutet, dass eine versierte Rechtsanwältin der beratenden Insolvenzkanzlei als zusätzliche Geschäftsführerin implementiert ist. Diese achtet vor allem auf den betriebswirtschaftlichen Teil des Unternehmens. Maßgeblich ist dabei, dass nicht zu viel Geld verbrannt wird. Insolvenz in eigener Regie bedeutet auch, dass Kappus-Becker und ihr Vater Wolfgang Kappus das Insolvenzverfahren mit dem Ziel einer Unternehmenssanierung selbst steuern können, dies allerdings unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters. Das ausgegebene Ziel lautet dahingehend, dass die Produktion und die Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben und das Unternehmen auf die zukünftigen Herausforderungen ausgerichtet wird. Insgesamt ist man zuversichtlich, dass das Unternehmen den notwendigen turnaround auch meistert.

Sollten sich Fragen im Zusammenhang mit der Thematik eines eigenverwalteten Insolvenzverfahrens stellen, so beraten die Sanierungsexperten M\S\L Dr.Silcher Sie gerne.

Robert M. Gillmann

Rechtsanwalt, Associate attorney

Unser Rechtsanwalt Robert M. Gillmann wurde von der bekannten Zeitschrift „Frau im Trend“ (BurdaLife) interviewt. In einer verständlichen Art und Weise wird hier das sehr komplexe Thema „Insolvenz“ den Lesern nahegebracht:

Meist ist es ein Schock: Der eigene Arbeitgeber ist zahlungsunfähig. 20092 Firmen stellten 2017 in Deutschland einen Insolvenzantrag. Für betroffene Mitarbeiter gibt’s viel zu beachten.

Wie läuft in der Regel ein Insolvenzverfahren ab?

Zunächst wird der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht gestellt. Das Gericht bestimmt meist einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser prüft, ob das Unternehmen fortgeführt oder verkauft werden kann. Das Amtsgericht entscheidet daraufhin über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Und ein Insolvenzverwalter wird eingesetzt.

Der Arbeitsplatz ist also nicht automatisch weg?

Der alte Arbeitsvertrag und alle arbeitsrechtlichen Absprachen gelten weiter. Auch der gesetzliche Kündigungsschutz gilt, allerdings haben alle Mitarbeiter nach der Insolvenzeröffnung höchstens eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende. Kündigungen sind nur aus betriebs-, personen-, verhaltensbedingten Gründen möglich, es gibt kein Sonderkündigungsrecht wegen Insolvenz. Man muss sich also erst arbeitslos melden, wenn die Kündigung auf dem Tisch ist.

Was ist mit ungezahlten Löhnen und Gehältern?

Die Agentur für Arbeit bezahlt für drei Monate ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzgeld. Es beträgt die volle Höhe der bisherigen Bezüge und deckt auch ausstehende Zahlungen ab. Lediglich Besserverdienende, die mehr Gehalt beziehen als die Beitragsbemessungsgrenze (6500 Euro West/5800 Euro Ost), haben Einschnitte. Da der Insolvenzantrag meist einige Monate vor der Insolvenzeröffnung gestellt wird, finanziert eine Bank das Geld vor. Die Arbeitnehmer müssen das Insolvenzgeld dann nachträglich bei der Agentur für Arbeit beantragen – der Insolvenzverwalter informiert sie darüber.

Keine Kassen-Beiträge mehr überwiesen?

Auch wenn der Arbeitgeber keine Sozialabgaben abgeführt hat, entsteht für pflichtversicherte Arbeitnehmer kein Nachteil: Sie bleiben trotzdem krankenversichert, haben auch keine Lücke bei Renten-Beiträgen. Aber: Der Versicherungsschutz freiwillig Versicherter kann gefährdet sein!

Muss der Lohn zurückgezahlt werden?

Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter Löhne, die bis drei Monate vor dem Insolvenzantrag gezahlt wurden, zurückfordern. Das ist z.B. der Fall, wenn mitbeschäftigte Familienmitglieder Geld bekamen, andere Mitarbeiter nicht. Voraussetzung ist immer, dass den Arbeitnehmern klar sein musste, dass die Firma zahlungsunfähig ist – z.B. wenn der Lohn vom Privatkonto der Unternehmer-Gattin statt vom Firmenkonto stammt.

Wird die Firma geschlossen?

Zwar müssen Sozialkassen, Finanzamt und Gläubiger ihr Geld bekommen. Doch das wird heute auch häufig durch Sanierung oder Verkauf der Firma erreicht, statt durch ihre Zerschlagung. Müssen Betriebsteile stillgelegt werden, wird ein Sozialplan aufgestellt, bei dem es Grenzen für die Höhe der Abfindungen gibt. Achtung bei Abfindungsvereinbarungen: Nur Beträge, die nach dem Insolvenzantrag vereinbart werden, werden bezahlt. Wird der Vertrag zuvor geschlossen, gibt es – wie für jeden Gläubiger – eine anteilige Zahlung („Quote“) am Ende des Insolvenzverfahrens.

 

Ein Jahr nach der Pleite von Air Berlin ist nun die nächste Fluggesellschaft an der Reihe. Am 18.09.2018 hat die Small Planet Airlines GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Management begründet den Insolvenzantrag mit einer „angespannten finanziellen Situation durch die Ereignisse des laufenden Sommers“. Sich ereignende Verspätungen von Flügen setzten der Fluggesellschaft zuletzt derart zu, dass die Verantwortlichen sich zu diesem Schritt gezwungen sahen. Das Fluggastrechteportal EUflight geht davon aus, dass derzeit rund 20.000 Passagiere Entschädigungen gegen Small Planet Airlines geltend gemacht haben. „Die Gesellschaft will sich in Eigenregie sanieren und hat daher die Anordnung der Eigenverwaltung beantragt. Ziel ist es, den Flugbetrieb der Airline auch langfristig aufrechtzuerhalten“, teilte Small Planet Airlines am Dienstagabend mit. Das Luftfahrbundesamt hat als Aufsichtsbehörde für die Luftfahrt laut Small Planet keine Einwände gegen die Fortsetzung des Flugbetriebs.

Small Planet zählt zu den kleineren Fluggesellschaften, die wie auch Germania Touristikverkehr anbietet. Das deutsche Unternehmen gehört zur litauischen Small Planet, die Jets und Bordpersonal an andere Airlines und Touristikunternehmen verchartert.

Wie zahlreiche andere Fluggesellschaften hatte auch Small Planet nach dem Aus von  Air Berlin die Hoffnung gehegt, sich ein Stück vom Kuchen der einst zweitgrößten deutschen Airline sichern zu können. Allerdings leidet Small Planet wie alle anderen Fluganbieter auch unter Verspätungen und Flugausfällen. Der Frust der Passagiere wurde zuletzt zusehends ausgeprägter. Sie müssen ihre Forderungen nun bei dem Sachwalter anmelden und haben grundsätzlich die wage Aussicht, lediglich eine geringe Quote auf ihre Entschädigungsforderung ausbezahlt zu bekommen.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob es dem Unternehmen tatsächlich gelingt, sich über ein gerichtliches Insolvenzverfahren zu sanieren. Beim Gelingen einer solchen Sanierung unter Insolvenzschutz könnten letztlich auch die Gläubiger mit einer höheren Auszahlungsquote profitieren.

Die Restrukturierung und Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird meist durch den Antrag auf Eigenverwaltung in die Wege geleitet. Um ein Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung jedoch erfolgreich und zügig durchzuführen, ist Vertrauen bei den Beteiligten, Eigenverwalter, Sachwalter, Gläubiger und dem Insolvenzgericht erforderlich. Liegt mithin ein belastbares operatives Sanierungskonzept vor und kann dauerhaft die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Schuldnerunternehmens durch operative Restrukturierungsmaßnahmen wiederhergestellt werden, bietet die Planinsolvenz in Eigenverwaltung eine Chance nicht nur für eine finanztechnische Sanierung, sondern vielmehr für eine – auch notwendige – betriebswirtschaftliche Neuaufstellung des Unternehmens.

Als Sanierungsalternative kommt vorliegend sicherlich auch der Einstieg eines Investors in Betracht. Angesprochen damit ist die sogenannte „übertragende Sanierung“ im Wege eines Asset Deals. In diesem Fall wird das gesamte Anlagevermögen sowie das aktive Umlaufvermögen von dem insolventen Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übertragen. Das insolvente Unternehmen wird nach der erfolgten Transaktion im Rahmen des Insolvenzverfahrens liquidiert und nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Handelsregister gelöscht. Die Gläubiger erhalten auf die im Insolvenzverfahren angemeldeten und festgestellten Forderungen eine Quote, die sich insbesondere aus dem Verkaufserlös im Rahmen des Asset Deals ergibt.

Sollten Sie in diesem Zusammenhang Fragen oder Bedarf an rechtlicher Beratung haben, stehen Ihnen unsere erfahrenen Experten gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Robert M. Gillmann

Rechtsanwalt, Associate attorney

 

Der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk, hier Facebook, geht grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten über, und diese haben einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte.Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12.07.2018, Az. III ZR 183/17, klargestellt, was für die meisten klar gewesen ist: Der „Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist vererbbar“. Dem Urteil liegt das Begehren eine Mutter zu Grunde, als Erbin ihrer verstorbenen Tochter Zugang zu deren Facebook-Konto zu bekommen, um so Hinweise auf deren ungeklärte Todesumstände zu erlangen.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ende 2012 wird die Tochter von einer U-Bahn erfasst, im Krankenhaus stirbt sie. Die Umstände bleiben unklar: War es ein Unglück? Oder wollte das Mädchen nicht mehr leben?

Die Klägerin ist die Mutter der im Alter von 15 Jahren verstorbenen Facebook-Nutzerin und neben dem Vater Mitglied der Erbengemeinschaft nach ihrer Tochter. Die Beklagte, hier Facebook, betreibt ein soziales Netzwerk, über dessen Infrastruktur die Nutzer miteinander über das Internet kommunizieren und Inhalte austauschen können. Im Jahr 2011 registrierte sich die Tochter der Klägerin im Alter von 14 Jahren mit dem Einverständnis ihrer Eltern bei Facebook und unterhielt dort ein Benutzerkonto. 2012 verstarb das Mädchen unter bisher nicht geklärten Umständen infolge eines U-Bahn Unglücks. Die Klägerin versuchte hiernach, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den so genannten Gedenkzustand versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. So verfährt Facebook mit allen Accounts, deren Inhaber nicht eingestellt haben, dass ihr Profil nach dem Tod gelöscht werden soll. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen.

Ein Sprecher von Facebook sagte, dass es gesichert sein muss, „dass der persönliche Austausch zwischen Menschen auf Facebook geschützt ist“: Wer mit dem Mädchen privat kommuniziert hat, hat darauf vertraut, dass die Eltern nicht mitlesen. Deshalb hält Facebook die Inhalte unter Verschluss.

Die Klägerin beansprucht mit ihrer Klage von der Beklagten, den Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, insbesondere zu den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten. Sie macht geltend, die Erbengemeinschaft benötige den Zugang zu dem Benutzerkonto, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob ihre Tochter kurz vor dem Tod Suizidabsichten gehegt habe, und um Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren. Das Landgericht Berlin hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hin hatte das Kammergericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtete sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt.

Die Pressemitteilung des BGH enthält bereits klare entgegnende Worte zu sämtlichen, im Verfahren von Facebook erhobenen Einwände gegen ein Zugangsrecht der Erben.

Die von dem sozialen Netzwerk verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, demzufolge der Account in einen Gedenkzustand ohne Zugriffsrechte der Erben „eingefroren“ wird, seien nicht wirksam in den Vertrag einbezogen und scheiterten außerdem an der Inhaltskontrolle. Das Nutzerverhältnis sei nicht höchst persönlicher Natur, damit grundsätzlich vererbbar. Für den Kommunikationspartner bestehe „kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass nur der Kontoinhaber, und nicht Dritte, von dem Kontoinhalt Kenntnis erlangen“. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht noch die Datenschutz-Grundverordnung (nur für lebende Person) noch das Telekommunikationsrecht (Erben sind keine „anderen“ im Sinne des § 88 Abs. 3 TKG) stünden einem Anspruch der Erben auf Zugang zu den Nutzerkonten entgegen.

Als Quintessenz der Entscheidung ist damit festzuhalten: Die Erben erben, und das ergibt sich aus den allgemeinen Regeln. Ein Sondererbrecht für online gestellte Inhalte existiert nicht.

Die Richter des höchsten deutschen Gerichts stellen grundsätzlich klar, dass auch digitale Inhalte vererbt werden. Grundlage dafür ist der Nutzungsvertrag, den der Verstorbene mit dem Anbieter geschlossen hatte. Mit seinem Tod geht dieser Vertrag auf die Erben über. Sie haben deshalb das Recht, alle Kontoinhalte zu sehen – auch sehr persönliche. Menschen, die in sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs sind, müssen sich demnach darauf einstellen, dass vertrauliche Nachrichten nicht auf ewig unter vier Augen bleiben. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass ein Anbieter wie Facebook Inhalte nicht an eine bestimmte Person, sondern nur an ein bestimmtes Konto übermittelt. Dass jemand mitliest, sei nie ausgeschlossen.

Es lässt sich nun nicht mit Absolutheit sagen, welche Konsequenzen aus dieser Entscheidung zu ziehen sind. Nach Expertenmeinungen sei davon auszugehen, dass sich die Aussagen des Bundesgerichtshofes zu Facebook auf Messenger-Dienste wie WhatsApp oder E-Mail-Konten übertragen lassen. Allerdings eines ist klar: Jeder Internetnutzer muss sich dessen bewusst sein, dass seine Erben auch den gesamten digitalen Nachlass vererbt erhalten. Wer dies nicht will, muss – wie bei körperlichen Gegenständen auch – hinsichtlich seines digitalen Nachlasses regeln, was mit welchen Daten passieren soll.

Die Verantwortlichen von Facebook halten sich derzeit noch bedeckt. Ein Sprecher teilte mit, dass das Urteil sorgfältig analysiert werde, um die Folgen für die Praxis abschätzen zu können.

Es liegt auf der Hand, dass die Entscheidung weitreichende Fragen aufwirft: Werden künftig die Seiten aller toten Nutzer für die Erben geöffnet? Wie verändert das die private Kommunikation in den sozialen Netzwerken?

Eine wie auch immer ausgestaltete Sperrung oder gar Löschung von Profilen oder Inhalten als Regelfall zu deklarieren, stünde offenkundig im Widerspruch zu dem hypothetischen Willen des Erblassers. Für den Nutzer von sozialen Netzwerken gilt demnach Folgendes zu beachten: Konten und Zugangsinformationen sollten sicher hinterlegt und fortlaufend auf den aktuellen Stand gebracht werden. Damit kann sichergestellt werden, dass die Erben überhaupt Kenntnis vom digitalen Nachlass erhalten. Wer die Regelabfolge nicht eintreten lassen möchte und verhindert wissen will, dass seine Nutzerkonten und Daten den Erben zufallen, kann und sollte dies eindeutig bestimmen.

Bei Fragen stehen Ihnen unsere Experten zum Thema Erbrecht, Testament & Vorsorge Rede und Antwort.

Robert M.Gillmann

Rechtsanwalt, Associate attorney

Der Beitrag nimmt eine Entscheidung des BGH zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zum Anlass die Voraussetzungen darzustellen, die erforderlich sind, um eine effektive Umsetzung des niedergelegten Willens zu erreichen. Zu nennen ist hier insbesondere eine möglichst detaillierte Regelung einzelner Fälle, die einerseits den Zustand sowie andererseits die darauf zu treffenden Folgehandlungen umschreibt. Dargestellt wird der Zusammenhang zwischen bei vollem Bewusstsein Erklärtem und der Bedeutung der Sicherstellung, dass dies auch im eingetretenen Notfall dem Willen des Erklärenden entspricht. Da der Wille des Erklärenden geschützt werden soll, gleichzeitig aber ein würdevoller Tod in Abwägung zu einem Recht auf Leben steht, werden die Voraussetzungen für eine umfassend wirksame Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sehr hoch angesetzt.

Die vollständige Entscheidungsbesprechung finden Sie in der folgenden Datei:

M\S\L Dr. Silcher – Forum Januar 2017

Robert M.Gillmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Senior Associate