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Insolvenz: Wenn es in der Firma kriselt

Unser Rechtsanwalt Robert M. Gillmann wurde von der bekannten Zeitschrift „Frau im Trend“ (BurdaLife) interviewt. In einer verständlichen Art und Weise wird hier das sehr komplexe Thema „Insolvenz“ den Lesern nahegebracht:

Meist ist es ein Schock: Der eigene Arbeitgeber ist zahlungsunfähig. 20092 Firmen stellten 2017 in Deutschland einen Insolvenzantrag. Für betroffene Mitarbeiter gibt’s viel zu beachten.

Wie läuft in der Regel ein Insolvenzverfahren ab?

Zunächst wird der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht gestellt. Das Gericht bestimmt meist einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser prüft, ob das Unternehmen fortgeführt oder verkauft werden kann. Das Amtsgericht entscheidet daraufhin über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Und ein Insolvenzverwalter wird eingesetzt.

Der Arbeitsplatz ist also nicht automatisch weg?

Der alte Arbeitsvertrag und alle arbeitsrechtlichen Absprachen gelten weiter. Auch der gesetzliche Kündigungsschutz gilt, allerdings haben alle Mitarbeiter nach der Insolvenzeröffnung höchstens eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende. Kündigungen sind nur aus betriebs-, personen-, verhaltensbedingten Gründen möglich, es gibt kein Sonderkündigungsrecht wegen Insolvenz. Man muss sich also erst arbeitslos melden, wenn die Kündigung auf dem Tisch ist.

Was ist mit ungezahlten Löhnen und Gehältern?

Die Agentur für Arbeit bezahlt für drei Monate ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzgeld. Es beträgt die volle Höhe der bisherigen Bezüge und deckt auch ausstehende Zahlungen ab. Lediglich Besserverdienende, die mehr Gehalt beziehen als die Beitragsbemessungsgrenze (6500 Euro West/5800 Euro Ost), haben Einschnitte. Da der Insolvenzantrag meist einige Monate vor der Insolvenzeröffnung gestellt wird, finanziert eine Bank das Geld vor. Die Arbeitnehmer müssen das Insolvenzgeld dann nachträglich bei der Agentur für Arbeit beantragen – der Insolvenzverwalter informiert sie darüber.

Keine Kassen-Beiträge mehr überwiesen?

Auch wenn der Arbeitgeber keine Sozialabgaben abgeführt hat, entsteht für pflichtversicherte Arbeitnehmer kein Nachteil: Sie bleiben trotzdem krankenversichert, haben auch keine Lücke bei Renten-Beiträgen. Aber: Der Versicherungsschutz freiwillig Versicherter kann gefährdet sein!

Muss der Lohn zurückgezahlt werden?

Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter Löhne, die bis drei Monate vor dem Insolvenzantrag gezahlt wurden, zurückfordern. Das ist z.B. der Fall, wenn mitbeschäftigte Familienmitglieder Geld bekamen, andere Mitarbeiter nicht. Voraussetzung ist immer, dass den Arbeitnehmern klar sein musste, dass die Firma zahlungsunfähig ist – z.B. wenn der Lohn vom Privatkonto der Unternehmer-Gattin statt vom Firmenkonto stammt.

Wird die Firma geschlossen?

Zwar müssen Sozialkassen, Finanzamt und Gläubiger ihr Geld bekommen. Doch das wird heute auch häufig durch Sanierung oder Verkauf der Firma erreicht, statt durch ihre Zerschlagung. Müssen Betriebsteile stillgelegt werden, wird ein Sozialplan aufgestellt, bei dem es Grenzen für die Höhe der Abfindungen gibt. Achtung bei Abfindungsvereinbarungen: Nur Beträge, die nach dem Insolvenzantrag vereinbart werden, werden bezahlt. Wird der Vertrag zuvor geschlossen, gibt es – wie für jeden Gläubiger – eine anteilige Zahlung („Quote“) am Ende des Insolvenzverfahrens.