Mögliche Straftatbestände im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus
Mit dem Beginn der Corona Krise haben neben der gesundheitlichen Problematiken auch eine ganze Reihe neuer strafrechtlicher Probleme Einzug gehalten. So stellt sich die Frage, inwieweit man sich im Zusammenhang mit dem Coronavirus strafbar machen kann, auch wenn dies sicherlich grundsätzlich weder von einem beabsichtigt ist, noch einem bewusst gewesen sein mag, dass dies der Fall sein kann.
Dass man wenn irgend möglich zuhause bleiben und sich von den Mitmenschen so gut es geht isolieren sollte, dürfte mittlerweile bekannt sein und wird größtenteils auch beachtet und umgesetzt, was sicherlich sehr zu begrüßen ist. Dennoch besteht noch genügend Raum für die Verwirklichung diverser Straftatbestände, die im folgenden Beitrag kurz skizziert werden sollen, auch um diesbezüglich das Problembewusstsein zu schärfen und eine Strafbarkeit tunlichst zu vermeiden.
Zunächst einmal stellt es objektiv betrachtet eine Körperverletzung dar, wenn man eine andere Person mit dem Coronavirus infiziert, da der Betroffene hierdurch an der Gesundheit geschädigt wird. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass dies unabhängig davon zu gelten hat, ob der Betroffene leicht oder schwer erkrankt ist oder gar möglicherweise selbst keinerlei Symptome aufweist. Er hat eine nicht ganz unerhebliche Erkrankung und kann diese an Dritte weitergeben, was ausreichend ist.
Die Körperverletzung kann zudem auch eine gefährliche sein, denn durch die Infektion mit dem Coronavirus werden in der Regel gleich mehrere objektive Tatbestandsmerkmale der Vorschrift erfüllt.
So dürfte das Virus als gesundheitsschädlicher Stoff einzustufen sein, der „beigebracht“ wird und auch eine erhebliche Schädigung der Gesundheit zur Folge haben kann.
Dann kommt zusätzlich die Tatbestandsalternative einer das Leben gefährdenden Behandlung in Betracht. Allerdings kommt es hierbei auf den konkreten Einzelfall und den jeweiligen Krankheitsverlauf an. Besonders relevant wird diese Alternative somit bei Menschen mit Vorerkrankungen und alten Menschen, die bekanntlich zur Risikogruppe gehören. Hier ist öfters mit lebensgefährlichen Krankheitsverläufen zu rechnen.
Eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung oder gar gefährlicher Körperverletzung hängt aber nicht nur von diesen objektiven Umständen und Tatbestandsmerkmalen ab sondern auch von der Frage des Vorsatzes. Hierdurch kommt ein Korrektiv zur Anwendung.
In den wenigsten Fällen wird es nämlich sicherlich jemand bewusst darauf anlegen einen anderen mit dem Virus anstecken zu wollen. Sollte dem dennoch so sein, ist eine entsprechende Strafbarkeit klar gegeben.
Doch auch wenn der Täter das Risiko und die Möglichkeit einer Ansteckung Dritter erkennt und dieses Risiko in Kauf nimmt, es also billigt, ist zumindest sog. Eventualvorsatz gegeben, was ausreichend ist und den Weg in die Strafbarkeit ebnet.
Hofft der Täter hingegen keine andere Person zu infizieren und vertraut darauf, dass dies nicht geschehen möge, scheidet Vorsatz aus, und es wäre lediglich eine fahrlässige Körperverletzung gegeben.
Diese allerdings bedingt wiederum, dass der Täter zumindest mit der ernsthaften Möglichkeit einer eigenen Infektion rechnen musste, sei es aufgrund eigener Symptome, dem Aufenthalt in einem Risikogebiet oder dem unmittelbaren Kontakt zu einer nachgewiesen erkrankten bzw. infizierten Person. Hinzu kommen muss dann der Kontakt mit Dritten in Kenntnis dieser Umstände.
Ohne die Kenntnis oder jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte für die eigene Infektion wird eine Strafbarkeit nicht erfüllt sein.
In den Fällen, in denen die Erkrankung beim Angesteckten einen tödlichen Verlauf nimmt, stellt sich die Frage, ob man sich dann auch wegen Totschlags oder gar Mordes schuldig gemacht haben kann.
Dies kann in Ausnahmefällen durchaus zu bejahen sein, wird aber auch wieder auf subjektiver Ebene von der Frage des Vorsatzes entscheidend mit entschieden. Es gelten dieselben Grundsätze wie oben beim Körperverletzungstatbestand.
Denkbar ist auch eine fahrlässige Tötung oder gar eine Körperverletzung mit Todesfolge.
Hat der Täter schließlich die subjektiven Voraussetzungen hinsichtlich des Vorsatzes erfüllt, aber letztlich glücklicherweise niemanden mit dem Virus infiziert, kommt immer noch eine Bestrafung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Betracht.
Dies gilt es in jedem Fall im Hinterkopf zu halten, wenn man dieser Tage beispielsweise durch die Stadt oder zum Einkaufen geht und trotz Kenntnis der eigenen Erkrankung an dem Virus oder der erhöhten Möglichkeit, dass dies bei einem selbst der Fall sein könnte, keinerlei Sorgfalt und Rücksichtnahme gegenüber Dritten an den Tage zu legen bereit ist.
Ein vernünftiger und besonnener Umgang mit der Thematik sowie die Bereitschaft mitzuhelfen, die weitere Verbreitung des Coronavirus soweit möglich einzudämmen, sind der Garant dafür, nicht nur gesund sondern auch straffrei durch diese Krise zu kommen.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
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