Gerichtsurteil stärkt Schutzrechte älterer Bankkunden: Entschädigung bei Diskriminierung aufgrund des Alters beim Kreditvertragsabschluss

Das Amtsgericht Kassel entschied mit Urteil vom 07.09.2023 (Az. 435 C 777/23), dass auch ein hochbetagter Bankkunde einen Anspruch auf den Abschluss eines Kreditvertrags haben kann und dieser nicht wegen seines hohen Alters und spiegelbildlich seiner geringen Lebenserwartung pauschal zurückgewiesen werden könnte. Es verurteilte daher die beklagte Bank zu einer Entschädigungszahlung an den Kläger in Höhe von 3.000 €.

In dem zugrundeliegenden Fall wehrte sich der Kläger gegen die Ablehnung einer Bank, mit ihm einen Kreditkartenvertrag mit einem Verfügungsrahmen von 2.500 € und unbefristeter Laufzeit abzuschließen. Der Kläger verlangte aus diesem Grunde eine Entschädigung nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Der zum Entscheidungszeitpunkt 88-jährige Kläger erhält aufgrund seiner vergangenen Tätigkeiten als Vorsitzender Bundesrichter eine Pension von mehr als 6.400 € im Monat, so dass auch ein ausreichendes Einkommen im hohen Alter gesichert war. Die beklagte Bank lehnte jedoch den Abschluss eines Kreditvertrags mit dem Kläger ab, weil es der Ansicht war, dass der Kläger wegen seines hohen Alters keine lange Lebenserwartung mehr haben und daher nach seinem Ableben eine ungünstige Rückzahlungsprognose bestehen würde. Im Falle seines Todes, so argumentierte die Bank, würde sie einen unzumutbaren Aufwand haben, einen etwaigen Rückforderungsanspruch aus diesem Kreditkartenvertrag noch durchzusetzen.

Diesem Gedankengang erteilte das Kasseler Amtsgericht eine Absage. Es folgte dem Kläger in seiner Argumentation, dass die ablehnende Haltung der Bank ihn in unzumutbarer Weise wegen seines Alters benachteiligen und diskriminieren würde (§ 1 AGG). Und Benachteiligungen aus Gründen des Alters sind unzulässig in Bezug auf den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, wonach auch der vom Kläger beabsichtigte Abschluss des Kreditkartenvertrages unterzuordnen ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG). Eine sachliche Rechtfertigung zu Gunsten der Bank konnte das Gericht insbesondere nicht in der ungünstigen Rückzahlungsprognose sehen. Der Kläger hatte insofern für klare Verhältnisse wegen etwaiger Nachlassverbindlichkeiten gesorgt, so dass auch kein unzumutbarer Mehraufwand oder gar ein Zahlungsausfall zulasten der beklagten Bank ernsthaft in Erwägung zu ziehen wäre.

Das Gericht stellte zudem fest, dass die Nachfrage nach Kreditkartenverträgen wie dem zugrundeliegenden zunimmt; dies in Verbindung mit der statistisch belegten Beobachtung, dass die deutsche Gesellschaft immer älter wird, führte das Gericht zu einer Problematik, die in Zukunft typischerweise auftreten dürfte. Somit lag aus Sicht des Gerichts ein Massengeschäft vor, bei denen eine Benachteiligung aus Gründen des Alters unzulässig sind (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Aufgrund dieser festgestellten Diskriminierung hat die beklagte Bank dem Kläger letztlich eine Entschädigung gemäß § 21 Abs. 2 S. 3 AGG zu bezahlen, welche das Gericht bei 3.000 € als angemessen bezifferte.

Die Entscheidung zeigt auf, dass eine vermeintlich einleuchtende, jedoch allzu pauschale Zurückweisung einer Bank wegen eines hohen Alters des potentiellen Vertragspartners im Einzelfall gleichsam doch seine Altersdiskriminierung bedeuten und diese gerade nicht sachlich gerechtfertigt sein kann. Wie so häufig, entscheiden letztlich die Umstände des konkreten Einzelfalls, welche mit dem vorliegenden Urteil die Stärkung der Schutzrechte der Ältesten unserer Gesellschaft zur Folge hat.

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