Nachbarrecht – Wie du mir (nicht), so ich dir (auch nicht)!?

Auf kaum einem Rechtsgebiet wird von den Kontrahenten so leidenschaftsvoll und nicht selten emotionsgeladen gestritten wie im Nachbarrecht. Wird über entsprechende Einzelfälle in den Medien berichtet, löst dies des Öfteren Heiterkeit bis ungläubiges Kopfschütteln aus.

Landen solche Streitigkeiten schließlich bei den Gerichten, gelingt es den Richterinnen und Richtern immer wieder, die „Streithähne“ mit auch besonnener juristischer Argumentation und eingedenk des dabei betonten Faktums, dass man ja auch in Zukunft zwangsläufig noch gedeihvoll wird miteinander umgehen müssen, letztendlich zu befrieden.

Ein plastisches Beispiel dafür, das sich mit dem obigen abgewandelten Gedichttitel Goethes charakterisieren lässt, lieferte kürzlich ein Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24.01.2024 (Aktenzeichen 2 S 85/23) – allerdings erst in der Berufungsinstanz.

Der klagende Grundstückseigentümer in Ludwigshafen begehrte von seinem Nachbarn die Einhaltung der nach dem einschlägigen Nachbarrecht maximal zulässigen Höhe der  an das Grundstück des Klägers angrenzenden Hecke.

Diese Hecke weist durchgängig eine Höhe von 2,20 Metern auf. Zulässig sind in dieser Konstellation in Rheinland-Pfalz indes nur 1,50 Meter. Der Kläger verlangte mithin einen Rückschnitt der Hecke in der Höhe um 0,70 Meter.

Das erstinstanzlich entscheidende Amtsgericht Ludwigshafen gab der Klage statt.

Nicht so jedoch das Landgericht Frankenthal (Pfalz) in der Berufungsinstanz. Auf die Berufung des Beklagten hin wurde dort das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Dies begründet das Berufungsgericht im Ergebnis damit, dass sich der Kläger selbst nicht an die einschlägigen Regelungen des Nachbarrechts halte.

Grundsätzlich sei ihm zwar zuzubilligen, dass sein beklagter Nachbar mit seiner Hecke die maximal zulässige Höhe einhalte. Allerdings sei das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis stark von den sogenannten Grundsätzen von Treu und Glauben geprägt. Hieraus entspringen Pflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die zu einer Beschränkung bis hin zum Ausschluss nachbarrechtlicher Rechte führen könne (so die Presseveröffentlichung des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 31.01.2024 zu dem angesprochenen Urteil).

Auf dieser Grundlage konnte für das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt bleiben, sondern war im Gegenteil gerade entscheidungserheblich, dass der Kläger seinerseits direkt hinter dem Zaun eine mittlerweile 3-4 Meter hohe Kugelhecke und eine ca. 2,5 Meter hohe Zypresse angepflanzt habe. Damit verstoße der Kläger ebenfalls gegen das Nachbarrecht.

Wer sich aber selbst nicht regelkonform verhalte, könne dies nach Treu und Glauben auch nicht von seinem Nachbarn verlangen.

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Bernd Bressem

Rechtsanwalt

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