Insolvenz eines Autobauers und steigende Insolvenzzahlen

Ein weiterer deutscher Elektroautobauer musste nun den Gang zum Insolvenzrichter beschreiten. Es handelt sich um die Electric Brands AG mit Sitz in Eppertshausen. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von Elektro-Leichtfahrzeugen spezialisiert. Die Geschäftsleitung des Unternehmens hat beim Amtsgericht Darmstadt einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt.

Hintergrund für die Insolvenz sind nach Angaben des Auto-Startup die zuletzt gestiegenen Entwicklungskosten sowie die sich in der Krise befindliche Automobilindustrie.

Es ist über zahlreiche Branchen hinweg der Trend zu erkennen, dass viele deutsche Unternehmen den seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und seit der damit einhergehenden Rezession entstandenen enormen wirtschaftlichen Herausforderungen nicht mehr gewachsen sind. Während bereits einige namhafte Mode-Unternehmen zum Ende des letzten Jahres hin, die Segel streichen und Insolvenz anmelden mussten – darunter Peter Hahn und Hallhuber-, haben auch in jüngster Vergangenheit einige andere Großunternehmen aus anderen Branchen wie etwa KaDeWe und Gigaset den wirtschaftlichen Widrigkeiten nicht länger trotzen können und den Gang zum Insolvenzgericht angetreten.

Nahezu die Hälfte der Insolvenzen betreffen Einzelunternehmen und Unternehmergesellschaften, welche in aller Regel über keine tragfähige Kapitaldecke verfügen. Aus der aktuellen amtlichen Insolvenzstatistik geht auch hervor, dass in der Hälfte der Fälle junge Unternehmen betroffen sind.

Zwar liegt die Anzahl der Insolvenzen weit unter derjenigen, die nach der Banken- und Finanzkrise 2008 und 2009 auftrat. Doch anders als damals sehen die Wirtschaftsexperten keine zeitnah eintretende Erholungsphase. Die wirtschaftlichen Widrigkeiten, mit denen Firmen konfrontiert werden, sind mannigfaltig. Es bestehen erhebliche Belastungen etwa durch die Kosten der „grünen“ Transformation, mangelnde Digitalisierung, den Fachkräftemangel und hohen Zinsen.

Bei der Insolvenz des Elektroautobauers Electric Brands wurde vom Amtsgericht anstelle eines Insolvenzverwalters ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Das Unternehmen will sich in Eigenregie sanieren und strebt die Fortführung des Geschäftsbetriebes an. Nach Aussage der Geschäftsleitung müssen sich die Mitarbeiter keine Sorgen machen, da die Löhne und Gehälter mittels der Insolvenzgeldvorfinanzierung für die nächsten Monate gesichert seien.

Zudem wolle man schon in den nächsten Wochen ein weiteres Leichtbaufahrzeug auf den Markt bringen. Ziel sei eine vollständige Sanierung der Gesellschaft. Die angeschlossenen Unternehmen Electric Brands Financial Services GmbH, Evetta GmbH und XBUS GmbH werden in den Restrukturierungsprozess einbezogen. Die Unternehmensleitung gab an, dass man sich bereits mitten in aussichtsreichen Verhandlungen mit Investoren befände, die kurzfristig noch während des Insolvenzeröffnungsverfahrens und vor einer ansonsten stattfindenden Verfahrenseröffnung am 01. April 2024 für frisches Kapital sorgen sollen. Sodann könnte man den Insolvenzantrag noch zurücknehmen.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob es dem Unternehmen – im Falle der Verfahrenseröffnung – möglicherweise gelingen kann, sich über ein gerichtliches Insolvenzverfahren zu sanieren.

Die Restrukturierung und Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird meist durch den Antrag auf Eigenverwaltung in die Wege geleitet. Um eine Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung jedoch erfolgreich und zügig durchzuführen, ist Vertrauen bei den Beteiligten, Eigenverwalter, Sachwalter, Gläubiger und dem Insolvenzgericht erforderlich. Liegt mithin ein belastbares operatives Sanierungskonzept vor und kann dauerhaft die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Schuldnerunternehmens durch operative Restrukturierungsmaßnahmen wiederhergestellt werden, bietet sodann die Planinsolvenz in Eigenverwaltung eine Chance nicht nur für eine finanztechnische Sanierung, sondern vielmehr für eine – auch notwendige – betriebswirtschaftlichen Neuaufstellung des Unternehmens.

Sollten Sie in diesem Zusammenhang Fragen oder Bedarf an rechtlicher Beratung haben, stehen Ihnen unsere erfahrenen Experten gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Ihr Ansprechpartner

Robert M. Gillmann

Robert M. Gillmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Telefon +49 7131 91903-55

robert.gillmann@silcher.com