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BGH-Urteil: Erstattung von Verwahrungskosten bei unbefugtem Parken nur bis zum Herausgabeverlangen des Fahrzeugs

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 17.11.2023, Az. V ZR 192/22) festgehalten, dass die Pflicht, Verwalterkosten zu ersetzen, nur so lange gilt, bis der Halter sein Fahrzeug herausverlangt.

Der Kläger ist in dem zugrundeliegenden Fall Halter und Eigentümer eines Autos. Er hatte sein Auto seiner Schwester zur Nutzung ausgeliehen. Die Schwester parkte das Auto unbefugt auf einem Privatgrundstück. Sodann ließ die Verwalterin des Privatgrundstücks das falsch parkende Fahrzeug abschleppen. Das Abschleppunternehmen als späterer Beklagter verbrachte das Auto auf sein Firmengelände. Der Kläger verlangte vom Beklagten mit Fristsetzung fünf Tage nach dieser Abschleppaktion die Herausgabe seines Fahrzeugs, worauf der Beklagte nicht reagierte.

In dem hieraus erwachsenden gerichtlichen Rechtsstreit verlangte der Kläger vom beklagten Abschleppunternehmen das Fahrzeug weiter heraus, während das Abschleppunternehmen (aus einem ihr von der Grundstücksverwalterin abgetretenen Recht) erstmalig im Rechtsstreit mit einer Widerklage die Zug-um-Zug-Zahlung von insgesamt 4.935 € Standgebühren vom Kläger verlangte. Hierbei berechnete das Abschleppunternehmen 15 € täglich für fast 11 Monate der Verwahrung des Fahrzeuges. Hinsichtlich der Herausgabe hatte sich der Rechtsstreit in der Vorinstanz (OLG Dresden) erledigt, so dass der BGH in der Folge nur noch über die Ersatzpflicht wegen der Verwahrungskosten wegen der Standzeit des Autos zu entscheiden hatte.

Der BGH hielt zunächst fest, dass die Verwahrkosten ersetzbare Aufwendungen darstellen. Nach den Vorschriften zu einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) hat der Geschäftsführer (das beklagte Abschleppunternehmen) einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen vom Geschäftsherrn (der klagende Fahrzeughalter). Das Falschparken stellt an sich eine Störung des Besitzes des Grundstückseigentümers dar. Der Halter des falsch parkenden Fahrzeugs hat somit eine Pflicht, diese Störung zu beseitigen. Diese Pflicht wird ihm durch die Geschäftsführung (das Abschleppen des Fahrzeugs) des beklagten Abschleppers abgenommen. Die Übernahme dieser Geschäftsführung entspricht daher dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters.

Das bloße Umsetzen des Autos auf einen möglichst günstigen freien Parkplatz in der Nähe ist dabei gleichwohl nicht zwingend gefordert. Dies begründete der BGH mit einem effektiv zu bleibenden Selbsthilferecht des Grundstückseigentümers und mithin damit, dass derjenige, auf dessen Grundstück unbefugt ein Auto steht, nicht auch noch gehalten sein soll, einen günstigeren Parkplatz im öffentlichen Raum erst ausfindig zu machen, sondern er das Fahrzeug in sichere Verwahrung zum Schutz vor Wertminderung und unbefugtem Zugriff geben darf.

Allerdings hat ein Erstattungsanspruch wegen der aufgewendeten Verwahrung des Fahrzeugs auch seine Grenzen, welche der BGH ebenfalls zog. Das Abschleppunternehmen hätte im vorliegenden Fall nämlich mit dem Herausgabeverlangen des Fahrzeughalters, nach welchem innerhalb von 5 Tagen nach der Abschleppaktion das Fahrzeug ausgehändigt werden sollte, erkennen müssen, dass die weitere Verwahrung des Autos in Widerspruch zum wirklichen Willen des Halters steht. Daher hätte der Abschlepper die weitere Verwahrung unverzüglich beenden müssen.

Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestand auch nicht. Der Beklagte trug nämlich erst im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung vor, dass er von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen würde, so lange ihm die angefallenen Standgebühren nicht ersetzt würden. Grundsätzlich kommt ein derartiger über die besagten 5 Tage hinaus geltendes Zurückbehaltungsrecht zwar in Betracht, sofern eben die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ersatz von Mehraufwendungen nach § 304 BGB erfüllt sind; hierfür ist es allerdings dann erforderlich, den Fahrzeughalter in Annahmeverzug zu setzen. Jedoch hatte es das Abschleppunternehmen versäumt, das nötige Angebot zu machen, dem klagenden Halter den Wagen erst herauszugeben, wenn eine Zug-um-Zug Zahlung auf die bis zum Zeitpunkt der Herausgabe angefallenen Standgebühren erfolgt.

Aus diesem Grunde bestätigte der BGH im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz, dass das Abschleppunternehmen nur ein Erstattungsanspruch für den Zeitraum bis zu dem Zeitpunkt des aus dem Herausgabeverlangen des Fahrzeughalters ergehenden Frist hat, konkret also für fünf Tage, was insgesamt 75 € ausmacht. Jedoch kann der Beklagte nicht mit Erfolg die bis weit in den gerichtlichen Prozess hineinwirkenden Standgebühren in Höhe von 4.935 € geltend machen.

Der vorliegende Fall zeigt somit auf, dass im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag die Kosten für eine sichere Verwahrung des abgeschleppten Fahrzeugs zu erstatten sein können, solange eben noch kein entgegenstehender Wille des Fahrzeugeigentümers erkennbar ist. Und da die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt, sollte für dessen Ausübung die hierfür angeführten Gründe der Gegenseite transparent offengelegt werden.

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