Firmenpleiten nehmen zu

Die bereits seit einiger Zeit gehegten Befürchtungen um eine Welle von Firmenpleiten in Deutschland sind nun Realität geworden.

Nach aktuellen Berechnungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften weiter steigend. Im September lag der Wert 34% über dem Vorjahreswert; dies entspricht einer Anzahl von 762. Nach Maßgabe der weitergehenden Analyse des IWH ist für den Herbst mit weiter zunehmenden Insolvenzzahlen zu rechnen gewesen.

Für Oktober rechnete der IWH bei seinen Prognoseberechnungen zugrunde gelegten Frühindikatoren ebenfalls mit deutlich höheren Insolvenzzahlen, die etwa ein Drittel über denen von Oktober 2021 liegen werden. Für den November wurde die Erwartung verlautbart, dass die Vorjahreswerte sogar um 40% übertroffen werden würden. Für das Gesamtjahr ist trotz der schnell steigenden Zahlen lediglich ein Zuwachs zwischen 12% und 14% zu erwarten, da die Insolvenzzahlen in der ersten Jahreshälfte noch leicht unter dem Vorjahresniveau lagen.

Nach Anfang Oktober 2022 veröffentlichen Aussagen des Leiters der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung, Herrn Steffen Müller, werde Zahl der Insolvenzen wird in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen. Hintergrund hierfür seien neben der sich stark eintrübenden konjunkturellen Lage in erster Linie stark steigende Preise bei wichtigen Produktionsfaktoren. Dabei handelt es sich um Kosten für Energie, steigende Löhne und erhöhte Kreditzinsen.

Während insbesondere der Ukraine-Krieg zu höheren Energiekosten führt, sorgen Unterbrechungen der internationalen Lieferketten für die Verteuerung vieler importierter Vorleistungsgüter. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerufene Zinswende hat darüber hinaus eine Erhöhung der Refinanzierungskosten der Unternehmen zur Folge. Hinzu kam ab Oktober für viele Firmen ein weiterer kostentreibender Faktor, nämlich die Anhebung des Mindestlohns.

Weiterhin traf das IWH die Aussage, dass nach der langen Zeit der sehr niedrigen Insolvenzzahlen diese im November 2022 voraussichtlich wieder den Stand von vor der Corona-Pandemie erreichen würden.

Die erfolgten staatlichen Hilfen während der Corona-Pandemie haben die Firmenpleiten in Deutschland auf einem künstlich niedrigen Niveau gehalten. Für die kommenden Jahre rechnen Finanzexperten wieder mit mehr und insbesondere auch großen Insolvenzen.

Dank finanzieller Hilfen und Sonderregeln bei der Insolvenzantragspflicht hatten deutsche Unternehmen die Corona-Krise bislang weitgehend glimpflich durchlaufen. Doch einen sich abzeichnende immer höher schwappende Insolvenzwelle dürfte nun nicht mehr aufzuhalten sein. Eben dies besagt auch eine Studie des Kreditversicherers Allianz Trade. Danach muss in den kommenden Jahren mit wieder anziehenden Pleitenzahlen gerechnet werden. Vor allem die Zahl der Großpleiten dürfte deutlich steigen.

Die Volkswirte der Allianz-Tochter sehen die Ursache für diese wirtschaftliche Talfahrt in einem ganzen Paket von Problemen – hier ist nicht lediglich der Krieg in der Ukraine, der Lockdown in China, unterbrochene Lieferketten, gestiegene Arbeitskosten und Preise, sondern insbesondere die exorbitanten Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen zu nennen.

Insbesondere wegen explodierender Energiekosten fielen die Warnungen aus Politik und Wirtschaft vor einer Pleitewelle zuletzt deutlicher aus. Dem Industrieverband BDI zufolge sehen sich 58 Prozent der Betriebe einer kaum zu bewältigenden Herausforderung ausgesetzt, für 34 Prozent geht es gar um’s nackte Überleben. Dabei sei das Handwerk besonders betroffen. Nach Aussage des Branchenverbands ZDH dürfte sich die Energiekrise hier am deutlichsten auswirken; in Expertenkreisen wird von einer Insolvenzlawine gesprochen.

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Robert M. Gillmann

Robert M. Gillmann
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