Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) – Missbräuchliche Abmahnungen sollen eingedämmt werden

Das Gesetz zum Erschweren missbräuchlicher Abmahnungen und zur Stärkung des freien Wettbewerbs ist bereits zum Teil am 02.12.2020 in Kraft getreten, am 01.12.2021 wird es vollständig Geltung entfalten.

Das Gesetz enthält neue Regelungen, die das sogenannte Abmahnungswesen erschweren sollen.

Was bedeutet das für Sie als abgemahntes oder auch als abmahnendes Unternehmen?

Unzulässigkeit missbräuchlicher Abmahnungen
Schon bisher bestand bei einer missbräuchlichen Abmahnung kein Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung. Hierzu hat der Gesetzgeber nun in Form von Regelbeispielen in § 8c UWG konkretisiert, wann ein Missbrauch vorliegen soll.
So soll bei einem unangemessen hoch angesetzten Gegenstandswert bereits ein Missbrauch vorliegen. Dies dürfte große Auswirkungen nach sich ziehen, da Streitwerte in Wettbewerbssachen von jedem Gericht und dazu noch von jedem Anwalt unterschiedlich angesetzt werden. Dies bedeutet, dass auch bei berechtigter Abmahnung vorher genau abgestimmt werden sollte, welcher Gegenstandswert angesetzt werden kann.
Außerdem soll missbräuchliches Verhalten im Fordern einer erheblich überhöhten Vertragsstrafe liegen. Hier bleibt der Gesetzgeber allerdings (verständlicherweise) die Benennung von Zahlen oder Grenzen schuldig. Auch hierzu wird der Vergleich zu bisher durch Gerichte zugesprochene Vertragsstrafen herangezogen werden müssen.
Das dritte Regelbeispiel für missbräuchliche Abmahnungen ist der Fall der Geltendmachung einer erheblichen Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift. Hierdurch sollen Akteure, die nur am Markt tätig sind, um sich über Abmahnungen zu finanzieren, eingeschränkt werden. Auch hier bleibt die Frage, wann eine erhebliche Anzahl anzunehmen ist.
Der Gesetzgeber sieht außerdem in § 8c Abs. 3 UWG einen Anspruch auf Erstattung der entstandenen, notwendigen Rechtsverfolgungskosten. Bisher wurde angenommen, dass die Kosten, die zumindest durch die außergerichtliche Verteidigung entstehen, nicht erstattungsfähig sind. Sobald die unbestimmten Rechtsbegriffe, die oben aufgeführt sind, durch Anwälte und Richter mit Bedeutung gefüllt werden, wird dieser neue Anspruch auch eine Abschreckung für massenhafte Abmahner darstellen.

Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes
Nach dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung war bisher der Gerichtsstand überall dort möglich, wo der entsprechende Verstoß aus dem Internet abrufbar war – also beinahe überall. Dadurch hatten Abmahner ihre „Heimatgerichte“, deren Rechtsprechung für sie vorhersehbar war. Dies ändert sich nun. Seit dem 02.12.2020 ist nur noch das Gericht am Wohnort beziehungsweise dem Geschäftssitz des Abgemahnten zuständig, wenn es sich um eine Rechtsstreitigkeit wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien handelt.

Beschränkung der Aktivlegitimation
Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG dürfen ab dem 01.12.2021 Mitbewerber nur noch abmahnen, wenn sie Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben. Es soll also ein tatsächliches Wettbewerbsverhältnis herrschen. Dies bringt neue Probleme mit sich: Aufgrund der Formulierung muss nun der Abmahnende im Zweifel beweisen, dass er in ausreichendem, „nicht nur unerheblichem“ Maß am Markt teilnimmt. Fraglich ist zum Beispiel, wie neue Unternehmen am Markt der Nachweis gelingen soll bzw. ob diese dann schlicht keine Abmahnungen aussprechen dürfen.

Aktivlegitimation von Wirtschaftsverbänden
Ab dem 01.12.2021 werden Wirtschaftsverbände nur noch aktivlegitimiert (also abmahnberechtigt) sein, wenn sie in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind.
Die Eintragung erfolgt beim Bundesamt für Justiz, wobei der Verein nicht primär auf Einnahmen aus Abmahntätigkeit gerichtet sein darf und eine Mindestanzahl von 75 Unternehmen als Mitglieder haben muss.
Diese neue Regelung soll die Abmahntätigkeit von Verbänden beenden, die in Gewinnerzielungsabsicht Abmahnungen ausgesprochen haben.

Fazit
Der Zweck der Neuerungen ist klar, aufgrund von unbestimmten Rechtsbegriffen dürfte die Unklarheit allerdings zunächst vergrößert werden. Allerdings gibt es Wege, auch weiterhin auf Nummer sicher zu gehen. Die Orientierung an bisheriger Rechtsprechung und Argumentation am Gesetzestext bietet die Möglichkeit, bei verhältnismäßigem Risiko wettbewerbsrechtliche Verletzungen abzumahnen. Gleichzeitig bietet die Novelle mögliche Wege, sich gegen „veraltete“ Abmahnungen zu verteidigen.

Deshalb gilt es, möglichst früh einen Rechtsanwalt einzuschalten, der den Prozess von Anfang an begleitet.

Gerne stehen wir Ihnen dabei rechtlich zur Seite.

Ihr Ansprechpartner

Oscar Silcher
Rechtsanwalt

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