Die Ersatzpflicht des GmbH-Geschäftsführers gem. § 64 S. 1 GmbHG

2017 urteilte der BGH (II ZR 379/75) in einem Fall zum Thema Geschäftsführerhaftung aus § 64 GmbHG. Das Urteil ist bislang erstaunlicherweise „unter dem Radar“ geblieben, erhöht es die Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einer GmbH doch erheblich – umso besser, wenn man diese Risiken kennt.

Grundsätzlich: Ersatzpflicht
Der Geschäftsführer einer GmbH hat gem. § 64 S. 7 GmbHG im Interesse der Gläubiger der GmbH die noch verbliebene Masse zu erhalten. Er hat nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen, denn die GmbH soll gerade nicht mehr am Geschäftsverkehr teilnehmen. Nimmt der Geschäftsführer trotz Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH noch Zahlungen vor und schmälert somit die Masse, ist er persönlich zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet.

Ausnahme bei ausgleichenden Gegenleistungen
Diese Ersatzpflicht gilt aber nicht unbeschränkt. Nach der Rechtsprechung des BGH entfällt die Ersatzpflicht oder wird zumindest gemindert, wenn die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in unmittelbarem Zusammenhang mit ihr wieder ausgeglichen wird. Es muss ein unmittelbarer wirtschaftlicher (nicht notwendigerweise zeitlicher) Zusammenhang bestehen zwischen Masseabfluss und Zufluss. Eine ausgleichende Gegenleistung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn die Gegenleistung durch die Gläubiger verwertbar ist.

Arbeits- und Dienstleistungen sind kein Ausgleich
Der BGH hat hierzu entschieden, dass Dienstleistungen die Aktivmasse der GmbH nicht erhöhen. Sie sind für die Gläubiger nicht verwertbar und stellen damit keinen Ausgleich für einen Masseabfluss dar. Hiervon umfasst sind einerseits Dienstleistungen wie Energieversorgung, Internet und Telekommunikation, andererseits aber auch die Gehälter für die Arbeitnehmer der GmbH.

Wertigkeit der Gegenleistung entscheidend
Doch selbst wenn mit der Gegenleistung ein für die Gläubiger „greifbarer“ Gegenstand verbunden ist (bspw. Materiallieferungen u. Ä.), sind solche Gegenleistungen nicht automatisch als ausgleichend oder teilweise ausgleichend zu bewerten. Bei der Bewertung der Gegenleistung sind aufgrund der Insolvenzreife der GmbH grundsätzlich Liquidationswerte anzusetzen. Geringwertige Güter, die regelmäßig zeitnah verbraucht werden (bspw. Kaffee), sind nicht geeignet, den Masseabfluss auszugleichen.