Die Aufhebung von Arbeitsverträgen und das Gebot fairen Verhandelns

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Wege eines Aufhebungsvertrags sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber eine attraktive Lösung dar.

Für beide Seiten birgt diese Vorgehensweise im Vergleich zu einer Kündigung etliche Vorteile und ermöglicht eine einvernehmliche Trennung. Die üblichen Hürden einer arbeitgeberseitigen Kündigung, wie beispielsweise die Beteiligung des Betriebsrats oder die Zustimmung des Integrationsamts, entfallen bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Die Arbeitnehmer haben den Vorteil, dass sie meistens noch eine Abfindung heraushandeln können und finanziell hierdurch besser dastehen.

Allerdings lässt auch ein Aufhebungsvertrag das Risiko eines anschließenden gerichtlichen Prozesses nicht vollständig entfallen und die Gerichte dürfen sich immer wieder mit dieser Thematik beschäftigen. Meistens geht es in solchen Verfahren um die Wirksamkeit einzelner Regelungen aus den Aufhebungsverträgen, insbesondere wenn diese ohne anwaltliche Beratung aufgesetzt wurden.

Ein jüngst vom Bundesarbeitsgericht entschiedener Fall zeigt jedoch, dass es beim Abschluss nicht nur auf die Formulierungen, sondern auch auf die Gesamtumstände des Abschlusses selbst ankommt.

Im vorliegenden Fall wurde einer Arbeitnehmerin vorgeworfen, dass sie in ihrer Funktion als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik unberechtigt die Einkaufspreise in der EDV des Arbeitgebers abgeändert bzw. reduziert habe, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Nach einem Gespräch zwischen der Arbeitnehmerin und dem Geschäftsführer, sowie einem Anwalt, der sich als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht vorstellte, welches eine zehnminütige schweigende Pause beinhaltete, unterzeichnete die Arbeitnehmerin den vom Arbeitgeber vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dass die oben geschilderten Vorwürfe dabei zum Inhalt dieses Gesprächs werden sollten, wusste die Arbeitnehmerin im Vorfeld nicht.

Im Nachhinein bereute sie jedoch die Unterschrift und lies den Vertrag durch ihren Anwalt aufgrund einer widerrechtlichen Drohung mit einer Kündigung sowie einer Strafanzeige anfechten. Sie behauptete, dass sie nur aufgrund dieser Drohungen und des damit verbundenen Drucks den Vertrag unterschrieben habe, weshalb ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens vorliegen würde.

Die Klage der Arbeitnehmerin wurde zwar letztendlich vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen, da nach dessen Ansicht in dieser konkreten Konstellation noch kein Verstoß festellbar gewesen sei. Dass dies allerdings auch anders beurteilt werden kann, zeigen schon die vorangegangenen Entscheidungen des Arbeitsgerichts Paderborn (Urt. vom 03.08.2022, 2 Ca 1619/19) und des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urt. vom 17.06.2021, 18 Sa 1124/20), welche beide der Arbeitnehmerin Recht gaben. Das Urteil könnte somit in vergleichbaren Fällen auch ganz anders ausfallen.

Insofern ist bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags äußerste Sorgfalt geboten, um bestenfalls schon eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, weshalb bei Erstellung oder Abschluss eines solchen Vertrags rechtliche Beratung empfehlenswert ist. Hierbei stehen wir Ihnen gerne unterstützend zur Verfügung.

BAG, Urteil vom 24.02.2022, Az. 6 AZR 333/21

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