Der Verbraucherwiderruf im Baurecht – Chancen und Risiken

Mittlerweile ist es jedem bekannt, dass zum Beispiel übers Internet geschlossene Verträge mit einem Unternehmer vom Verbraucher innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden können, ohne Angabe von Gründen.

Doch wissen Sie auch, dass diese Regeln genauso für Bauverträge gelten? Gemäß des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 30.08.2018 (VII ZR 243/17) gilt der Ausschlusstatbestand des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB regelmäßig nicht für Werkverträge.

Es ist also seit diesem Urteil höchstrichterlich entschieden, dass ein Werkvertrag widerrufen werden kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Fernabsatzvertrag oder einen Außergeschäftsraumvertrag vorliegen.

Zusätzlich dazu hat der Gesetzgeber die Widerrufsmöglichkeit in § 650i BGB geschaffen.

Das bedeutet für alle Bauunternehmer: Wenn Sie keine Widerrufsbelehrung erteilt haben, kann der Verbraucher 12 Monate und 14 Tage lang den Vertrag noch widerrufen.

I. Rechtlicher Hintergrund
Ein Verbraucher, der mit einem Unternehmer einen Vertrag schließt, der außerhalb von Geschäftsräumen, oder ausschließlich unter Einsatz von Fernkommunikationsmitten zustande kommt, kann diesen Vertrag innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsschluss gemäß § 312g Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB widerrufen.

Dies gilt gemäß § 650i BGB auch für Verbraucherbauverträgen, also Verträgen, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Diese 14-tägige Frist fängt erst an zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Wenn keine Belehrung erfolgt, läuft die Frist 12 Monate und 14 Tage lang.

II. Rechtliche Folgen
Der Widerruf bewirkt, dass ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis entsteht, also alle Leistungen zurückgewährt werden müssen. Der Bauherr kann sein Geld zurückfordern, muss im Gegenzug aber die erbrachten Leistungen zurückgeben.

Das Problem liegt in den Bauleistungen, die nicht zurückgewährt werden können.

Liegt ein Verbraucherbauvertrag vor (siehe oben, § 650i BGB), so besteht für den Bauunternehmer gemäß § 357d BGB ein Anspruch auf Wertersatz, wenn eine Leistung nicht zurückgewährt werden kann. Bei der Berechnung dieses Wertersatzes wird die vereinbarte Vergütung zugrunde gelegt, wobei Mängel in Abzug gebracht werden.

Am Ende steht also ein bereinigter Preis für bisher erbrachte Leistungen.

Wird der Bauvertrag allerdings als Fernabsatzvertrag oder Haustürgeschäft (§ 312g Abs. 1 BGB) widerrufen, ist bei fehlender Widerrufsbelehrung kein Wertersatz zu zahlen. Dies ergibt sich aus § 357 Abs. 8 BGB.

III. Fazit
Als Verbraucher müssen Sie abwägen: Nach Widerruf bestehen keine Gewährleistungsrechte mehr, nur die Pflicht zum bereinigten Wertersatz. Wenn Sie also das bisher Geleistete behalten möchten und später einen Mangel feststellen, bleiben Sie auf diesem sitzen.

Der Widerruf ist unwiderrufbar. Bevor Sie ihn also aussprechen, sollten Sie rechtlichen Rat einholen.

Das finanzielle Risiko für den Unternehmer liegt auf der Hand: Jede Leistung, die im Fernabsatzvertrag oder Haustürgeschäft vor der Widerrufsbelehrung erfolgt ist und nicht zurückgewährt werden kann, muss nach Widerruf letztlich nicht vergütet werden. Deshalb sollten Sie als Unternehmer immer eine Widerrufsbelehrung erteilen, wenn ein Vertragsschluss außerhalb Ihrer Geschäftsräume oder per Mail, Telefon oder Messenger erfolgt. Darüber hinaus muss diese Widerrufsbelehrung vollständig sein, um die Frist in Gang zu setzen. Es lohnt sich also, im Vorhinein Muster für diesen Anlass vorzubereiten.

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